
FINKA: Ein neuer Weg zum Ziel?
FINKA – wer jetzt an ein Haus mit Pool und Garten auf Mallorca denkt, liegt nur knapp daneben. Natur spielt in diesem Projekt die zentrale Rolle und bringt biologische und konventionelle Landwirtschaft zusammen.
Miteinander voneinander lernen und schauen, wie Insektenschutz besser geht: Das ist das Konzept von FINKA, dem Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Ziel ist es, die Insektenvielfalt im Ackerbau zu fördern, die Biodiversität auf Ackerflächen zu erhöhen und eine breite Diskussion in der Landwirtschaft anzustoßen. Im Rahmen des FINKA-Projektes verzichten 30 konventionell arbeitende Landwirtinnen und Landwirte aus Niedersachsen auf ihren Versuchsflächen auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gegen Schädlinge und Unkraut. Unterstützt werden sie von ökologisch arbeitenden Bäuerinnen und Bauern vor Ort, die konkret Arbeitsgeräte wie z. B. einen Striegel zur Verfügung stellen, um das Beikraut einzudämmen.
Teil eines solchen Paares ist Landwirt Carsten Möller aus Hohenzethen im Landkreis Uelzen. Sein Projektpartner ist Bio-Landwirt Mirko Stute aus Groß Thondorf. Beim Feldtag auf der FINKA-Fläche teilte Carsten Möller seine Erkenntnisse.
Mehr spannende Videos zum FINKA-Projekt gibt es hier:
WIE GEHT MECHANISCHE BEIKRAUTREGULIERUNG RICHTIG?
Carsten Möller nutzt den Striegel, um seinen Roggen vor allem von der Vogelmiere zu befreien. Nur 2,5 bis 3 km/h, schneller ist er in diesem Jahr bisher nicht gefahren. Gerhard Reil, Anbauberater bei Demeter Nord, hatte wertvolle Tipps für ihn. Möller könne durchaus „härter angreifen“. Damit meint Reil vor allem die Geschwindigkeit, mit der man fährt: „In so einem kräftig entwickelten Bestand ist das eher langsam.“ Mit 6-7 km/h könne man die Vogelmiere mit einer Überfahrt schon deutlich schwächen, ist er sich sicher.
Zwei, drei Tage später habe man mit einer zweiten Überfahrt in Gegenrichtung unter den aktuellen Bedingungen einen guten Bearbeitungseffekt. „Es kommt darauf an zu schauen, welche Verletzungen man an der Kulturpflanze hat. Der Striegel ist immer eine Herausforderung.“ Probieren und gucken, wie die Wirkung ist, sei das Motto.
Der Striegel ist das zentrale Werkzeug, wenn es darum geht, in Getreidebeständen ohne Pflanzenschutzmittel Beikräuter zu bekämpfen. Es entfernt bei der Überfahrt mittels Zinken die unerwünschten, möglichst noch kleinen Kräuter. „Vogelmiere ist die Leitverunkrautung in diesem Jahr“, sagt Anbauberater Gerhard Reil.

"Ich habe viel gelernt. Es war nicht alles positiv, es war nicht alles negativ. Nun muss man schauen, wie man das nutzen kann, um sich darauf vorzubereiten, weniger Pflanzenschutz einzusetzen – sowohl
freiwillig als auch vielleicht, wenn wir dazu gezwungen werden.
Wir müssen uns damit auseinandersetzen. Die Treffen mit interessanten Menschen und der
Austausch waren eine Bereicherung."
Carsten Möller
INTERAKTION VON INSEKTEN AUF FINKA-FLÄCHEN
Antonia Schmücker von der Georg-August-Universität Göttingen schilderte die Erkenntnisse aus ihrer Bachelorarbeit über „Ackerwildkrautinteraktionen“. Dabei ging es um Schwebfliegen und Tagfalter (Schmetterlinge) auf Winterweizenäckern in Südniedersachsen. Beide sind häufige und effiziente Bestäuber in Agrarökosystemen, Schwebfliegen nach Bienen sogar die zweitwichtigsten, dennoch sind sie wissenschaftlich unterrepräsentiert. Auch sind sie wichtig für die Schädlingsregulierung; wo sie sind, siedeln sich Vögel und andere Insekten an.
Häufig kam auf den Flächen die Acker-Kratzdistel vor; wo sie blühte, gab es viele Tagfalter und viele Interaktionen. Oft bevorzugen Tagfalter bestimmte Farben. Das Tagpfauenauge und der Kohlweißling haben z. B. Präferenzen bei der lila Acker-Kratzdistel; Kamille ist ebenfalls sehr beliebt. Blütenpräferenzen haben verschiedene Gründe; entscheidend sind Farbe, Duft, Struktur aber auch die Rüssellänge des Insekts. Schwebfliegen brauchen aufgrund ihres kurzen Saugrüssels flache Blüten, weshalb sie häufig Korbblütler wie Acker-Kratzdistel oder echte Kamille mögen. Diese sind aus ackerbaulicher Sicht nicht erwünscht. Insgesamt sind sie „generalistisch“ bei der Nahrungswahl und fliegen ein breites Blütenspektrum an. Antonias Fazit: Das Blühangebot bestimmt maßgeblich die Diversität und Häufigkeit von Insekten, und: „Es ist weitere Forschung nötig.“
„Schwebfliegen sind Frühaufsteher, sie fliegen besonders früh morgens, und grundsätzlich lieber vor- als nachmittags“, hat Antonia Schmücker im Rahmen ihrer Bachelorarbeit festgestellt.

ERSTE ERKENNTNISSE AUS FINKA (2021–2024)
Im ersten Jahr hatten die Betriebe ein Wintergetreide auf der Projektfläche, in den folgenden Jahren die Frucht, die laut Plan in der Fruchtfolge auf den jeweiligen Betrieben vorgesehen war, berichtete FINKA-Projektleiter Leen Vellenga vom Kompetenzzentrum Ökolandbau über einige erste Zwischenergebnisse. In Kartoffeln klappt die Beikrautregulierung in der Regel gut, hielt er fest. Allerdings seien die Kosten dafür, auch bei Zuckerrüben, recht hoch. Bei Winterweizen jedoch lagen im konventionellen System die Kosten bei 50 Euro/ha und bei durchschnittlich 40 Euro/ha auf der FINKA-Fläche. 8 % weniger Winterweizen wurde auf den FINKA-Flächen geerntet. Bei Silomais gab es 10 % weniger Ertrag auf FINKA-Flächen als auf den konventionellen.
Dafür ist die Artenvielfalt auf den FINKA-Flächen höher. Bisher gab es drei Arten auf den konventionellen Flächen, auf den FINKA-Flächen im Durchschnitt sieben Arten. Die Ackerbegleitflora wird im Juli aufgenommen. Informationen zur Biomasse der Insekten kommen Ende des Jahres, wenn alle Projektjahre vollständig ausgewertet sind.
Viele Landwirte wünschen sich genauere Untersuchungen, an dessen Ende idealerweise eine optimale Mischung blühender Arten steht, die man auf dem Acker als sogenannte „Untersaat“ unter die Kulturen säen kann.
60 konventionell und ökologisch wirtschaftende Betriebe
engagieren sich niedersachsenweit im FINKA-Projekt gemeinsam
für mehr Artenvielfalt auf den Äckern.

INFOS ZUM FINKA-PROJEKT
FINKA – Förderung von Insekten im Ackerbau. Vor allem geht es in den fachlichen Austausch: Wie kann der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel betriebswirtschaftlich und arbeitstechnisch umgesetzt werden? Konventionell wirtschaftende Betriebe erarbeiten und erproben mit ihren ökologischen Partnern alternative Anbaumethoden. Mit den Ergebnissen soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert und die Attraktivität praktikabler, insektenfreundlicher Anbaumethoden herausgestellt werden. Bis Ende 2025 arbeiten alle Projektpaare zusammen. Projektpartner sind das Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH, das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e. V., das Landvolk Niedersachsen e. V. sowie das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig, Bonn (ZFMK) und die Georg-August-Universität Göttingen. Das Projekt FINKA wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz.
