Austausch und Diskussion standen im Vordergrund

04. 07. 2022

Feldtag bei Landwirt Carsten Möller im Rahmen des FINKA-Projektes

 

Hohenzethen - Die Sonne stand hoch am Mittwochnachmittag über dem Kartoffelacker von Carsten Möller nahe Hohenzethen und erhöhte damit einmal mehr den Druck auf Pflanzen, Boden und nicht zuletzt die Menschen, nach vielen Tagen fehlenden Regens. An diesem Nachmittag war der blaue Himmel aber auch Teil der Kulisse eines besonderen Feldtages.

 

Der Landwirt ist gemeinsam mit seinem Berufskollegen Mirko Stute Teil des Projektes FINKA (Förderung von Insekten im Ackerbau), das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert wird. Das Projekt hat das Ziel, die Insektenvielfalt im Ackerbau zu voranzubringen, die Biodiversität auf Ackerflächen zu erhöhen und eine breite Diskussion in der Landwirtschaft anzustoßen. Dazu verzichten 30 konventionell arbeitende Landwirtinnen und Landwirte in Niedersachsen auf ihren Versuchsflächen auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln (PSM), die gegen Schädlinge und Unkräuter eingesetzt werden. Beraten und unterstützt werden sie von ökologisch arbeitenden Bäuerinnen und Bauern vor Ort, die konkret Arbeitsgeräte wie beispielsweise einen Striegel zur Verfügung stellen, um das Beikraut einzudämmen. Vor allem der fachliche Austausch wird im Projekt FINKA großgeschrieben: Wie kann der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel betriebswirtschaftlich und arbeitstechnisch umgesetzt werden? Konventionell wirtschaftende Landwirte wie Carsten Möller wollen mit ihren ökologisch wirtschaftenden Partnerbetrieben (Mirko Stute) alternative Anbaumethoden erarbeiten und erproben. Mit den Ergebnissen soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Agrarlandschaft reduziert und praktikable, insektenfreundliche Alternativen herausgearbeitet werden. Mit speziellen Fallen, Nisthilfen oder Kameras werden Insekten auf den FINKA-Versuchsflächen bestimmt, um die Veränderung in Anzahl und Art der hier vorkommenden Insekten beobachten zu können.

Knapp 30 interessierte Landwirt*innen und Vertreter*innen von verschiedenen Institutionen hatten sich auf dem Kartoffelacker versammelt. Der stellvertretende BVNON-Geschäftsführer Aaron Jaschok begrüßte die Anwesenden und stellte den Tagesablauf vor. Projektmitarbeiter Leen Vellenga vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) stellte das Projekt vor, das sich seit 2020 für insgesamt fünf Jahre der Förderung von Insekten im Ackerbau widmet, und die Betriebe berät.

Anschließend berichtete Carsten Müller wie er zum Projekt kam. Schon lange habe er überlegt was man in Richtung Biolandwirtschaft unternehmen könne, habe auch kurzzeitig gedanklich mit einer Umstellung gespielt. Er glaube zwar an das System der konventionellen Landwirtschaft, aber: „wir müssen schauen, wie es weitergeht“, sagte er mit Blick auf die vielen Herausforderungen des Ackerbaus. „Generell interessiert mich das.“ Über eine Veranstaltung des Bauernverbandes sei Möller dann auf das FINKA Projekt aufmerksam geworden.

Auf dem Betrieb Möller werden Getreide, Kartoffeln, Mais, Rhabarber aber auch Knoblauch angebaut und Gras vermehrt. Fünf Hektar ist die Versuchsfläche für das Projekt groß. Vor zwei Jahren habe er auf dem Standort mit 23 Bodenpunkten Grasvermehrung durchgeführt. Anschließend folgte die Aussaat von Roggen. „Roggen ist das einfachste was es gibt, wenn man es richtigmacht“, stellte Möller lachend fest. Allerdings hatte der Landwirt im ersten FINKA-Jahr derartig mit durchwachsendem Gras in seinem Roggen zu kämpfen, dass er auf der herbizidfreien FINKA-Fläche nur knapp die Hälfte gegenüber der konventionell bewirtschafteten Fläche geerntet hat. Den Grund dafür nannte der Ackerbauer gleich mit: „Ich dachte mit Mulchsaat müsste das ja eigentlich gehen“. Beim nächsten Mal würde sicher der Pflug zum Einsatz kommen.

 

Projektmitarbeiter Leen Vellenga berichtete von Erkenntnissen aus dem ersten Jahr des FINKA-Projektes. Demnach gebe es bis auf wenige Ausnahmen bei vielen FINKA-Betrieben ähnliche bzw. leicht geringere Erträge. Und eben drei Betriebe, bei denen, wie bei Carsten Möller die Ertragseinbußen größer waren. Während im ersten Jahr Wintergetreide angebaut wurde, stehen derzeit u.a. mit Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Ackerbohnen oder Raps anspruchsvolle Kulturen auf den niedersachsenweit 30 FINKA-Flächen.

 

Bei Carsten Möller sind das nun also Kartoffeln. Sie wurden im Frühjahr gepflanzt, nach zwei Wochen wurde das Feld gegen Unkräuter gestriegelt und nach drei Wochen gehäufelt, um die klassischen Kartoffeldämme zu errichten. Insgesamt wurde der Standort zweimal gestriegelt und dreimal gehäufelt, wie es im Fachjargon heißt. Aktuell stehen die Kartoffeln in der Blüte, der Bestand ist so gut wie geschlossen. Zurzeit sorgt den FINKA-Landwirt die zunehmende Zahl an Kartoffelkäfern. Zweimal habe er die Kartoffeln mit Mitteln gegen den Kartoffelkäfer bereits behandelt, aber sie sind nicht verschwunden. Doch Vinzenz Spengler vom Biolandverband, der Landwirt Möller ebenfalls berät, gab sogleich Entwarnung: die Zahl der Käfer sei alles andere als besorgniserregend. Entscheidend sei ohnehin die Behandlung der Larven, denn das Mittel wirkt nicht beim Käfer. Gegen die Larven gäbe es im Biolandanbau eine Notfallzulassung für das Mittel Novodor, das auch im Rahmen des FINKA-Projektes eingesetzt werden darf, erklärte Spengler. Deshalb sei die Zahl der Kartoffelkäfergelege entscheidend. Bei einem Gang durch die Reihen von Möllers Kartoffelacker wurde deutlich, dass kein Grund für Alarm besteht.

Mit Blick auf die Unkrautbekämpfung verdeutlichte Spengler, dass im Öko-Landbau das Unkraut über das gesamte System „in Schach“ gehalten werde: „Mechanik ist nur ein Aspekt von vielen.“ Vor allem nutze man andere Sorten, mit anderen Eigenschaften. Mechanische Unkrautbekämpfung muss möglichst früh erfolgen: „noch im Keimblattstadium.“ Danach werde der Erfolg relativ klein, zog er ein Fazit.

Wie man dennoch im größeren Wachstumsstadium der unerwünschten Flora beikommen kann, schilderte Joachim Timm vom Unternehmen Fasterholt aus Uelzen. Er stellte ein völlig neuartiges Gerät vor, mit dem die Unkrautbekämpfung in Kartoffeln und anderen Dammkulturen von der Pflanzung bis zur Ernte praktisch durchgehend möglich ist. Messer am Gerät bearbeiten gründlich und effektiv die seitliche Flanke des Kartoffeldammes. Kronenmesser eignen sich für die Unkrautbekämpfung im Vorrauflauf, bevor die Kartoffelpflanze aus dem Damm herauskommt. Flankenmesser hingegen, kommen in unterschiedlichen Wachstumsstadien zum Einsatz. Ausgestattet ist das Gerät außerdem mit sich drehenden weichen PU-Sternen, die vor allem auf der Dammkrone das Unkraut entfernen. Dabei wird die Kartoffelpflanze scheinbar kräftig durchgewirbelt wie sich im Versuch zeigte, allerdings wird die Kartoffelpflanze in keiner Weise beschädigt. Ein Vorteil des Gerätes sei die Geschwindigkeit mit der man arbeiten könne, so Timm. Mit bis zu 15 km/h kann man dem Unkraut im Bestand auf den Leib rücken. „Richtig ballern!“, so formulierte es Joachim Timm gegenüber den Teilnehmenden. Dass das System funktioniert, wurde von anwesenden Landwirten bestätigt.

Carsten Möller betonte zum Abschluss “der Austausch mit den Landwirten“ sei etwas, dass er sehr schätze und auch die Zusammenarbeit mit seinem Partner Mirko Stute mache ihm wirklich Spaß. Dies war bei diesem Feldtag sicher einmal mehr der Fall.

 

Das Projekt FINKA wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Das Projekt läuft bis Ende 2025.

Verbundpartner im Projekt sind die Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH, das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V., das Landvolk Niedersachsen e.V. sowie das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig, Bonn (ZFMK) und die Georg-August-Universität Göttingen.

 

Bild zur Meldung: Mirko Stute und Carsten Möller sind Partner im FINKA-Projekt

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FINKA-Feldtag 22052022 Carsten Möller (27. 06. 2022)

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