„Unser neuer Begleiter im realen Leben: KI – Chancen & Bedenken – Wo bleibt der Mensch? Was bringt die KI?“
Bauerntag im Gildehaus Lüchow zum Thema KI lockte viele Gäste
Am 03. Dezember fand nach längerer Pause wieder ein Bauerntag statt. Maschinenring Lüchow e.V., Landberatung Lüchow-Dannenberg e.V. und Bauernverband Nordostniedersachsen e.V. hatten zur Fachtagung zum Thema Digitalisierung und Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Landwirtschaft geladen. Der Saal war gut gefüllt, rund 220 Gäste waren der Einladung gefolgt. Dabei kam die Rolle von KI, aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Potenziale, deren Nutzungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft, aber auch ethische Fragen zur Sprache.
Grußworte mit klaren Botschaften
Simon Schermuly, Lüchows erster Kreisrat, sprach in seinem Grußwort von einem „Balanceakt“ beim technologischen Fortschritt und verwies auf Beispiele, in denen KI in der Verwaltung bereits zum Einsatz käme. Der Vizepräsident des Niedersächsischen Landvolks, Frank Kohlenberg, überbrachte einen Gruß des Landesverbandes und betonte: „Die Themenwahl ist gut gelungen.“ Man müsse darüber sprechen, wie der moralische Kompass in der Gesellschaft verschoben werde und äußerte die Sorge, dass Menschen durch KI „immer dümmer“ werden.
KI: Potenzial und Grenzen
Fachlich interessant und gleichermaßen unterhaltsam wurde es bei den Hauptrednern des Tages. Professor Ralf Otte ist Ingenieur und Professor für Industrieautomatisierung und Künstliche Intelligenz an der Technischen Hochschule Ulm. Seit 30 Jahren arbeitet er an KI-Projekten in Industrie und Gesellschaft. Er lieferte einen tiefen Einblick in die Welt der künstlichen Intelligenz. „Mich interessiert die KI der Zukunft“, erklärte Otte. Er zeigte in seinem Vortrag klar auf, was sie kann und wo ihre Grenzen liegen. Das Ganze sei nicht nur eine technische, sondern auch eine juristische Frage. Besonders deutlich stellte er klar: „Vollautonomes Fahren wird es nie geben.“
Otte unterschied drei Formen von Intelligenz für die KI:
1. Adäquate Intelligenz: Diese ermöglicht logisch korrektes Verhalten, das dem Träger nützt. „Eine Stubenfliege kann nicht lernen, aber sie verhält sich angemessen“, stellte Otte klar.
2. Lernende Intelligenz: KI, die deduktive (logische) mit induktiver (Schlussfolgerungen ziehen, Allgemeine Regeln ableiten) Intelligenz verbindet
3. Kreative Intelligenz: Diese bleibt Menschen vorbehalten. Sich in etwas hineindenken, das man noch nie gesehen hat, kann KI nicht. „Wenn KI Bilder erzeugt, ist das keine Kreativität. Es ist Mathematik, nicht Intelligenz“, erläuterte der Experte beispielhaft.
Otte warnte davor, KI zu überschätzen: „Die Grenze der Mathematik ist die Grenze der KI. Sie ist ein Mathe-Tool, nicht mehr.“ Besonders wichtig sei es, kritisch zu bleiben: „Glauben Sie der KI nicht! Sie macht Fehler.“ Chat Gpt sei eine KI, die sich in Kommunikation einmischt, aber auch sie mache Fehler, bis zu 20 Prozent betrage die Quote. Auch werde es nach seiner Einschätzung keine Kampfroboter geben oder solche, die uns den Kaffee kochen und bringen. „Das ist Fiktion“, sagte Otte. Deshalb sei sie auf dem Feld nur nützlich, „wenn wir unsere Ackerflächen vollständig mathematisieren“, sonst könne die KI nicht arbeiten.
Anwendungen in der Landwirtschaft
Professor Hubert Korte von der Hochschule Osnabrück, skizzierte in seinem anschließenden Vortrag die Herausforderungen, denen sich die Landwirtschaft gegenübersehe, darunter Arbeitskräftemangel, zu viele Vorschriften und Regelungen, niedrige Erzeugerpreise, der Ukrainekrieg oder auch eine kritische Öffentlichkeit. Man müsse künftig mit weniger mehr erreichen, schlussfolgerte er.
Professor Korte erläuterte praktische Einsatzmöglichkeiten von KI in der Landwirtschaft, betonte jedoch ebenfalls, dass „starke KI“ Science-Fiction bleibe. „Wir arbeiten ausschließlich mit schwacher KI, die datenbasiert ist.“ Sie könne nur helfen, wenn Aufgaben beschreibbar und erfassbar sind.“ Beispiele wie die Keimfähigkeitsprüfung von Pflanzensamen, die selektive Unkrautbekämpfung oder die Rehkitzsuche mittels Objekterkennung zeigen, wie KI zur Effizienzsteigerung beitragen kann.
„Die Digitalisierung beginnt im Kopf“, erklärte Korte und zeigte Wege auf, Betriebe schrittweise an neue Technologien heranzuführen: Lenksysteme, Apps, Drohnen oder Robotik – das sind erste Schritte. Aber die Frage, die man sich grundsätzlich immer stellen müsse, ist: „Was brauche ich wirklich?“
Korte zeigte sich überzeugt: „Fachkräftemangel und steigende Anforderungen werden uns zwingen, uns mit KI auseinanderzusetzen.“ Die Automatisierung werde bis 2030 zunehmen, aber eine Vollautomatisierung werde es nicht geben. Der Experte sieht zudem eine Veränderung der Berufsbilder in der Landwirtschaft. „Der Melker wird zum Melkmanager.“
Podiumsdiskussion: KI in der Praxis
In der abschließenden Diskussion, die BVNON-Geschäftsführer Johannes Heuer moderierte, wurde deutlich, dass der technologische Wandel die Branche nachhaltig prägen wird. Neben den beiden Hauptrednern waren weitere Podiumsgäste Stefan Katt, Geschäftsführer Landesverband der Maschinenringe Nds. e.V., Michael Pankratius, Geschäftsführer AG Landberatung e.V., Propst Stephan Wichert-von Holten, Lüchow, Hinrich Brase, AGRAVIS FutureFarm, Suderburg sowie Christoph Schäfer, Schäfer/Meyer GmbH & Co. KG, Güstritz.
Professor Korte gab einen Ausblick: „Bis 2030 werden wir mit Zuverlässigkeitsproblemen kämpfen, aber auch neue Automatisierungen finden.“ Es stand auch die Frage im Raum, wie mit den erzeugten aber auch den zur Verfügung gestellten Daten umzugehen sei. „Wem gehören die Daten? Und darf ein Lohnunternehmer sie weiterverwenden?“, wurde kritisch gefragt.
Die Diskussion offenbarte jedoch auch die Notwendigkeit, KI besser zu erklären und Ängste abzubauen. Es sei ein Werkzeug das klare Regeln brauche, so der Tenor. Zum Beispiel im Bildungsbereich und im Bereich von Social Scoring, habe KI gleich gar nichts zu suchen. Einigkeit herrschte zudem darüber, dass KI keine Entscheidungen treffen dürfe. „KI ist ein Objekt, kein Subjekt“, stellte Korte klar. Mit Blick auf die Frage, was dieses Werkezeug mit nachfolgenden Generationen mache, zeigte sich Professor Otte optimistisch: „Alles wird gut. Wir Menschen haben eine intuitive Stärke. Das Ganze wird gut ausgehen!“
Bild zur Meldung: „Unser neuer Begleiter im realen Leben: KI – Chancen & Bedenken – Wo bleibt der Mensch? Was bringt die KI?“